Page 8 - s&l magazin Nr. 13 September 2010
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       Barbara
Bedrückt, unglücklich streift das ungleiche Paar Yosuke - Barbara durch die unwirtliche, expres- sionistisch verzerrte Stadt. Das Zusammenleben kann nicht klappen.
Jetzt fliegen nicht mehr bloß die Fetzen, jetzt geht es um Leben und Tod. Für beide. Aber sie sterben nicht etwa gemeinsam, wie in einer tränenreichen, roman- tischen Oper. Mühsam schleppt Mikura seine Ge- fährtin durch die Unterwelt in Form der städtischen Kloake, und als die Erlösung kommt, ist sie nicht von Dauer. Sogleich beginnt die nächste Runde im Krieg der Geschlechter. „Im Rausch zu
sterben...“ Diese Zeile wird Miku- ra später, mit letzter Kraft in seine Manuskriptkladde schreiben. Der Satz bleibt unvollendet, unkom- mentiert im Raum stehen.
Gleich zu Beginn der Geschichte
hatte Mikura erklärt: „Ich bin ab-
artig... Äußerlich wirke ich ganz
normal, aber ich lebe in ständiger
Angst, dass irgendjemand mein
wahres Ich ans Licht zerrt.“ Han-
delt es sich bei dieser „Abartig-
keit“ nicht vielmehr um die über-
erregbare Phantasie, die Kreativität - die Quintessenz des Künstlertums?
Barbara gehört zu Osamu Tezukas Spätwerken. Nach- dem der Erfolg mit den kindlichen Themen - Astro Boy, Kimba - etwas abgeflaut war, wandte er sich dem Erwachsenenmanga zu. Wäre es da zu weit hergeholt, diese Geschichte um Kunst, Inspiration (in Gestalt der Bürgerschreck-Muse Barbara) und um den Platz des
        Der Tastenvirtuose, der Mikura in Eifersuchts- qualen stürzt
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