Page 2 - s&l magazin Nr. 56 Juli 2022
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Wenn die Leute nur oft genug einen Orgasmus hätten, kämen sie nicht auf so dumme Gedanken wie Kriegführen. Das ist, vereinfacht, Wilhelm Reichs These...
...die in gewissen Kreisen großen Anklang fand. Zum Beispiel in der Jugendkul- tur um 1968, der Friedens- bewegung und bei Pariser Literaten wie Jean-Patrick Manchette.
ARR, MÄNNER! ICH VERZIEH MICH.
Die Theorie geht so: auto-
ritäre Triebunterdrückung
führt geradewegs in den Faschismus. Reich setzt eine „spezifisch biologische“ Energie dagegen, die er Or- gon nennt und die angeblich auch Krebs heilt, wie er in seinen späten Jahren verkündete. Nachzulesen ist das in Die Funktion des Orgasmus, auch der Held dieser Geschichte hält das Buch in der Hand.
Manchette & Cabanes ziehen das ganz große Wand- gemälde der Zeit auf: es gibt Pornokino und die ein- schlägigen Linksanarchisten dazu, im Hintergrund den Israel-Geheimdienst Mossad und im Vordergrund schicke Schlitten wie den Tornado, den Triumph der Farbe Orange und den Siegeszug des Schinken-Kä- se-Toasts. Verfilmt hat die Story Jacques Bral: Polar – Ein Detektiv sieht schwarz.
Typisch an den Detektivromanen Manchettes, in de- nen jeweils der „erfolgloseste Privatdetektiv aller Zei- ten“ Eugène Tarpon ermittelt, ist, dass es nicht so sehr um Aufklärung geht, stellt Robert Brack in der taz fest. Es herrscht (so ist es nun mal auf der Welt) das „Chaos- prinzip“ und das grundsätzliche Nebeneinander von
Die Klügere gibt nach.