Page 14 - s&l magazin Nr. 49 September 2020
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   SERPIERI WESTERN
   Auch in diesen Geschichten erleben wir nicht die Romantisierung der Epoche, denn es geht um die allererste Sünde der USA.
Bevor man sich jenseits des Atlantiks mit der Sklave- rei befleckte, war der Genozid
an der indigenen Bevölkerung die Grundlage des nation buil- ding. Für beides fehlt in gro- ßen Teilen der US-Gesellschaft nach wie vor die Einsicht, was immer wieder gewaltvolle
Konflikte heraufbeschwört und den Kampf für Gleich- heit bis heute notwendig
macht.
Als Serpieri 1975 seine Western-Geschichten zu
zeichnen begann, war die Lage – man mag es sich kaum vorstellen – noch viel schlimmer. Wahr- scheinlich waren die empörenden Berichte bis
nach Rom gedrungen: vom Auftritt der Sacheen Littlefeather, Schauspielerin und Aktivistin indianischer Abstammung, als sie 1973 für Marlon Brando dessen Oscar ab- lehnte, bis zu den diversen Beset- zungen US-amerikanischer Wahrzeichen und Behör- den durch Opfer und Ak-
tivisten 1969 bis 1972. Lange genug galt für die männliche Jugend bei „In- dianerspielen“ der berüchtigte Ausspruch des Ge- neral Sheridan: „Nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer.“ Bis Autoren wie Karl May mit dem Bild des „edlen Wilden“ die Sache ins Gegenteil verkehrten.
 Das Leben war hart für alle.
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